Das Venedig des Nordens

Wir Hanseaten sind eng verbunden mit dem Wasser und den vielen Kanälen der Stadt. Allein rund um die Alster sind es 22 Stück. Bis in die 60er Jahre waren sie ein wichtiges Verkehrsnetz für die Binnenschiffe. Heute werden sie nicht mehr als Transportstraßen genutzt, sondern bieten Touristen und wasserbegeisterte Hamburger großes Vergnügen, wenn sie mit Alsterdampfern und Kanus über die Kanäle schippern. Verständlich, denn wer Hamburg einmal vom Boot aus erkundet hat, bekommt einen anderen Blick auf die Stadt.

Besonders idyllisch und beliebt sind die Wasserstraßen nördlich der Außenalster, die über den Goldbekkanal vorbei am Stadtpark, über den Barmbeker Stichkanal und den Osterbekkanal zurück zur Außenalster führen. Das Ufer ist gesäumt von altem Baumbestand, man passiert imposante Villen mit parkähnlichen Grundstücken und Kleingartenkolonien mit großen Grünflächen. Hier lässt sich die Hektik der Stadt vergessen.

| Bestand 2020

Mehr als eine Bootslagerhalle

Am Ufer des Goldbekkanal war auch die alte Traditionswerft Gustävel ansässig, die neben Bootslagerung auch einen Bootsverleih betrieb. Die Schiffshallen waren eine alteingesessene Instituion und Treffpunkt vieler Kanut*innen, Paddler*innen, SUPs und Wasserliebhaber*innen in Winterhude. Viele Anwohner und Wassersportler lagerten hier ihre Boote, teilweise richtige „Oldtimer“, oder sie kamen einfach auf einen Plausch mit Blick auf den Kanal vorbei.

Am Abend des 25. September 2020 brannte die alte Bootswerft mitsamt 300 Booten und teils historischen Maschinen bis auf die Grundmauern nieder. Trotz einem Großeinsatz der Feuerwehr konnten nicht einmal Teile der Halle gerettet werden. Ein harter Schlag für den Besitzer Axel Bartels, der die Hallen erst 10 Monate zuvor vom alten Besitzer Ulrich Gustävel übernommen hatte.

Nicht nur für den Besitzer war der Brand ein Schock, auch viele Mieter waren emotional berührt, da die Flammen teilweise Familienerbstücke verschlungen hatten. Und so gab es „Trauer-Tage“ in denen auf dem Ascheboden zwischen verkohlten Balken nach Überbleibseln der Boote wie Schiffsglocken, Anker und Messingschilder gesucht wurde. Für viele Anwohner war „Gustävel“ mehr als eine x-beliebige Werft.

Es stand außer Frage die Bootshallen neu zu errichten und dass diesem "ehrwürdigen Ort" keine einfache, nur zweckmäßige Blechhalle gerecht werden konnte.

Der Phönix aus der Asche

Die meisten Anwohner*innen und Bootsplatzmieter*innen verbinden mit der alten Werft viele schöne Erinnerungen. Die neuen Bootshallen mussten daher dem Charakter der alten Bootswerft ebenbürtig sein, als ein Ort der Begegnung und Nachbarschaftstreff mit einer warmen und positiven Ausstrahlung.

Die neue Lagerhalle wurde als nachhaltiges Holzständerwerk auf 64 in Einzelfundamente errichtet. Die Fassade wird als nicht tragende, vorgehängte Holzfassade ausgebildet. Alle Verbindungen der Konstruktion sind geschraubt. So könnte die Halle – ganz im Sinnen von cradle to cradle – ganz einfach demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden.

Von außen bietet Sie eine natürliche Anmutung durch die unbehandelte, vertikale Lattung aus heimischem Holz. Vertikal angeordnete Holz-Lisenen verstärken den Effekt der Vertikalität der Fassade und geben ihr einen klaren Rhythmus.

Neustart am Goldbekkanal

Die Halle bietet einfache, aber praktische Kanu- und Paddelbootunterkünfte für 350 Boote. Wegen der aktuellen Bauvorschriften hat Bartels knapp 200 Quadratmeter weniger Fläche als zuvor, kann aber Dank eines ausgeklügelten Lagersystems nach Vorbild asiatischer „Waben- Architektur“ mehr Boote lagern als zuvor. Über vier Etagen werden die Boote der Länge nach über Sliprollen in Boxen gefahren.

Die eingeschossige unbeheizte Bootslagerhalle mit integrierter Werkstatt erhält viel Belichtung über die Dachkonstruktion. Zum Goldbekkanal hat die Halle zwei große zweiflügelige Schiebetore an den drei bereits vorhandenen Slipanlagen. Das Büro mit kleiner Pantry und WCs befindet sich direkt neben dem Eingang am Kanal.

Im August 2024 sind die ersten Boote in den Hallenneubau eingezogen wo sie überwintern werden. Im Frühjahr kehrt dann endlich wieder Leben in die Bootswerft Gustävel ein und die ersten Boote werden zu Wasser gelassen für Touren auf den Kanälen Hamburgs.

 

Zahlen und Fakten

  • Gebäudetyp

    Bootshalle und Werkstatt

  • Planung

    LPH 1-4 (2020)

  • Realisierung

    2024

  • Fläche

    1.530 qm BGF R

  • Bauherr*innen

    Axel Bartels

  • Standort

    Poßmoorweg, Hamburg

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